Kölner Verbände sehen neue NRW-Regierung vor großen Herausforderungen

In wenigen Tagen entscheidet sich, wer in Nordrhein-Westfalen zukünftig die politische Verantwortung tragen wird. Die Wahl findet unter denkbar schwierigen Umständen statt. Der Krieg in der
Ukraine hat massive Auswirkungen auch auf unser Land und noch immer ist die Corona-Pandemie nicht überwunden. Die zukünftige Regierung steht also vor großen Herausforderungen.

Doch gerade in solch unsicheren Zeiten wird uns umso mehr bewusst, wie existenziell wichtig wirtschaftliche Stärke und Stabilität auch für uns in Nordrhein-Westfalen sind.

In den vergangenen Wochen haben die Vorsitzenden und die Geschäftsführung der Arbeitgeberverbände kölnmetall und ARBEITGEBER KÖLN ihre Positionen zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts NRW veröffentlicht. Zum Abschluss formulieren die drei Vertreter der Kölner Wirtschaft noch einmal ihre Forderungen an die zukünftige Landesregierung.

Dr. Margarete Haase, Vorstandsvorsitzende kölnmetall:
Meine Forderung an die künftige Landesregierung habe ich bereits an anderer Stelle betont und kann es hier nur wiederholen. Sie lässt sich in drei Worten zusammenfassen: Tempo, Tempo, Tempo. Nordrhein-Westfalen steht inmitten großer Umbrüche und riesiger Herausforderungen: Die Corona-Krise und die stark steigenden Energie- und Rohstoffpreise verändern die Rahmenbedingungen für erfolgreiches Wirt-schaften tiefgreifend. Der demografische Wandel erfasst den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt und belastet die Nachfolge in den Unternehmen. Für mehr Klimaschutz ist eine grundlegende Transformation unserer Energieerzeugung und der Produktionsstrukturen erforderlich. Das alles bedeutet große Aufgaben für die zukünftige Regierung, die schnell angegangen und umgesetzt werden müssen und nicht durch langwierige Genehmigungsverfahren und bürokratische Hürden be- oder gar ver-hindert werden dürfen.
Wer in Nordrhein-Westfalen unternehmerisches Risiko eingeht, muss sich auf erstklassige und belastbare Rahmenbedingungen verlassen können: dazu zählen eine offene und freie Wettbewerbsordnung sowie der Vorrang der privatwirtschaftlichen Initiative vor der wirtschaftlichen Betätigung des Staates. Nur so kann NRW den Standortvorteil im Herzen Westeuropas nutzen und im globalen Wettbewerb bestehen.
Ich will nicht unbedingt von einer Schicksalswahl sprechen, aber angesichts der noch nie dagewesenen Herausforderungen müssen bei dieser Wahl entscheidende Weichen gestellt, die von existenzieller Be-deutung für den Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen sind. Fehlentscheidungen, zu langsame Um-setzung und fehlende Visionen können fatale Folgen für die Zukunft unseres Landes und unsere wirt-schaftliche Stärke haben.

Gunnar Herrmann, Vorstandsvorsitzender ARBEITGEBER KÖLN:
Ich begrüße den Aktionsplan „Krisenfestes Energiesystem für Nordrhein-Westfalen“ und die darin enthaltenen Vorschläge, sich aus der Abhängigkeit von russischen Energielieferungen zu lösen und den Industriestandort zu sichern. Angesichts der angespannten Lage für Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger in unserem Land sind schnelle und zugleich vorausschauende Maßnahmen dringend erforderlich. Doch ich möchte auch betonen, dass NRW keine weiteren Absichtserklärungen, sondern konkretes Han-deln braucht. Dies muss auch die zukünftige Landesregierung unbedingt berücksichtigen.
Wir alle wissen: NRW ist ein Land mit vielen energieintensiven Industrien. Unsere geschlossenen industri-ellen Wertschöpfungsketten sind die wichtigste Voraussetzung für Hunderttausende Arbeitsplätze. Jetzt ändern sich gerade binnen kürzester Zeit grundlegend die Spielregeln für unsere Versorgungssicherheit mit Energie.
Wenn ich von einzelnen Unternehmen höre, dass die Preise aufgrund stetig steigender Energiekosten um teilweise mehr als 30 Prozent erhöht werden, dann verstehe dies als einen dringenden Aufruf an die Poli-tik, hier schnell Lösungen zu entwickeln.
Auch der Weg zur klimaneutralen Wirtschaft ist eine Herausforderung, insbesondere für die energieinten-sive Industrie. Wasserstoff als Energieträger kommt dabei eine zentrale Bedeutung zu. Über die Fort-schreibung der Wasserstoff-Roadmap für NRW gilt es, landesweit die Verfügbarkeit von Wasserstoff sicherzustellen und Anwendungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu realisieren.
Trotz all dieser Probleme benötigen Unternehmen gerade in unsicheren Zeiten ein Klima der Zuversicht. Dies ist eine wichtige Aufgabe der Politik. Denn nur mit einem positiven Blick in die Zukunft
investieren sie ihr Geld und schaffen so Werte und Arbeitsplätze.

Wolfgang Reß, Hauptgeschäftsführer kölnmetall und Geschäftsführer ARBEITGEBER KÖLN:
Von der künftigen Landesregierung fordere ich ein deutliches Bekenntnis zur Industrie. Die Leistungs- und Innovationsfähigkeit der Industrie ist das Fundament unseres Wohlstands und dient der Bewältigung wirt-schaftlicher, ökologischer und sozialer Herausforderungen. Immerhin wird jeder fünfte Euro des deut-schen Industrieumsatzes in Nordrhein-Westfalen erwirtschaftet!
Aber wirtschaftliches Wachstum verlangt eine erstklassige Infrastruktur. Hier steht NRW vor großen Her-ausforderungen. Vor allem die Verkehrsinfrastruktur muss weiter saniert und modernisiert werden. Hier-für braucht es den Ausbau von Planungskapazitäten, Kapazitätssteigerungen beim Straßen-, Schienen- und Luftverkehr, die Ertüchtigung der Wasserstraßen und die flächendeckende Realisierung smarter Mo-bilitätskonzepte.
Die Politik muss die Voraussetzungen dafür schaffen, dass dies gelingen kann. Planungs- und Genehmi-gungsverfahren müssen deutlich beschleunigt werden. Nur wenn dies umgesetzt wird, kann unser Land ein noch attraktiverer Standort für Investitionen in Wirtschaft und Industrie werden. Auch die Digitalisierung muss schneller voranschreiten. Das gilt vor allem für die digitale Verwaltung. Gerade in der Corona-Pandemie ist offensichtlich geworden, dass hier noch viel zu tun ist. Es muss eine Selbstverständlichkeit werden, alle Verwaltungsvorgänge digital erledigen zu können.
Die Übernahme von Verwaltungsvorgängen ins Digitale muss auch konsequent für Bürokratieabbau ge-nutzt werden. Wir brauchen schnelle und unkomplizierte Verfahren, die als Ermöglichungsinstrumente und nicht als Verhinderungsinstrumente für Investitionen wahrgenommen werden. Nur so kann der Erhalt und der Ausbau der industriellen Wertschöpfung in Nordrhein-Westfalen sicherge-stellt werden.

ARBEITGEBER KÖLN vertritt branchenübergreifend die sozial- und wirtschaftspolitischen Interessen von elf Arbeitgeber- und Unternehmensverbänden der Metropolregion Köln – von Unternehmen aus der Metall- und Elektroindustrie, der Chemischen Industrie bis hin zum kleinen oder mittelständischen Betrieb aus Handel und Handwerk. Der Verband entwickelt und unterstützt zukunftsorientierte Initiativen und Konzepte zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Köln und Umgebung sowie deren Infrastruktur.

„NRW ist als zentrale Verkehrsachse im Herzen Europas für ganz Deutschland systemrelevant“

Die Landtagswahl am 15. Mai 2022 findet in einer schwierigen und für unser Land außerordentlich herausfordernden Zeit statt. Angesichts der dramatischen Geschehnisse in der Ukraine fällt es nicht leicht, sich in diesen Tagen mit der Landespolitik zu beschäftigen. Gleichwohl wird uns derzeit umso mehr bewusst, wie existenziell wirtschaftliche Stärke auch für uns hier in Nordrhein-Westfalen ist. Die Vorsitzenden der Arbeitgeberverbände kölnmetall und ARBEITGEBER KÖLN haben dazu ihre Forderungen an die künftige Landesregierung formuliert. Lesen Sie heute die Positionen von Wolfgang Reß, Hauptgeschäftsführer von kölnmetall und Geschäftsführer von ARBEITGEBER KÖLN, zu einer leistungsfähigen Verkehrsinfrastruktur in Nordrhein-Westfalen:

„NRW ist als zentrale Verkehrsachse im Herzen Europas für ganz Deutschland systemrelevant“

Köln, 05.05.2022. Eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur ist laut Wolfgang Reß, Hauptgeschäftsführer von kölnmetall und Geschäftsführer von ARBEITGEBER KÖLN, eine der wichtigsten Aufgaben der Landespolitik in den kommenden Jahren. Dies könne man allerdings nur mit erheblichen Investitionen und einer Beschleunigung bei Planungs- und Genehmigungsverfahren bewerkstelligen, betont Reß.

„Nordrhein-Westfalen darf nicht nachlassen, die Verkehrsinfrastruktur zu sanieren, zu modernisieren und auszubauen. Nur so kann unser Land Industrieland und dabei eine der wichtigsten Verkehrsdrehscheiben Europas bleiben“, erklärt der Hauptgeschäftsführer von kölnmetall. „Nicht nur die Bürgerinnen und Bürger müssen, um es salopp zu formulieren, schnell und unkompliziert von A nach B kommen – auch wichtige Industriebranchen in NRW sind von leistungsfähigen Verkehrsnetzen abhängig. Die chemische Industrie beispielsweise ist auf die Nutzung von Rhein und westdeutschem Kanalnetz angewiesen, die Stahlindustrie auf einen funktionierenden Schienengüterverkehr“.

NRW sei als zentrale Verkehrsachse im Herzen Europas für ganz Deutschland systemrelevant, so Reß weiter, doch dieses Verkehrsnetz sei besonderen Belastungen ausgesetzt, denen man dringend durch einen weiteren Ausbau begegnen müsse. Von der Politik fordert er schnell greifende Maßnahmen: „Es reicht nicht mehr, immer neue Zielvorgaben und Deadlines zu verkünden – jetzt geht es um die konkrete Umsetzung“.

Er lobt ausdrücklich den schnellen Wiederaufbau der nach der Flutkatastrophe zerstörten Autobahnabschnitte im Erftkreis, mahnt aber zugleich, dass dieses Tempo auch bei vielen anderen Bauvorhaben vorgelegt werden müsse.

Ein Investitions- und Beschleunigungs-Update hält Wolfgang Reß deshalb für unbedingt erforderlich. „Uns ist klar, dass Straßen, Schienen, Wasserstraßen, Brücken und Flughäfen nicht im Handumdrehen saniert, modernisiert oder gebaut werden können“, betont Wolfgang Reß. „Was aber getan werden muss, ist die Verfahren erheblich zu beschleunigen“.

Für eine belastbare Verkehrsinfrastruktur sei ein vernünftiger Mobilitätsmix wichtig, erklärt er weiter, doch dabei dürfe die Bedeutung des Autos nicht unterschätzt werden. Vor allem für Pendler in ländlichen Regionen und im Umland der Großstädte sei das Auto oft die einzige Möglichkeit, an ihren Arbeitsplatz zu gelangen und somit ihre Existenz zu sichern.

„Der ÖPNV ist gerade in solchen Regionen weit davon entfernt, diese Aufgabe erfüllen zu können und selbst im städtischen Raum ist hier noch viel Luft nach oben – davon können auch wir in Köln ein Lied singen“, hebt Wolfgang Reß hervor. „Wenn ich lese, dass der Ausbau der Ost-West-Achse in Köln vor 2029 nicht umgesetzt werden wird, dann frage ich mich, wie wir Menschen von der Nutzung ÖPNV überzeugen wollen, wenn die Infrastruktur nicht gegeben ist – wie gesagt, ein Kölner Beispiel, das aber sinnbildlich für die Langsamkeit öffentlicher Bauvorhaben und auch politischer Zögerlichkeit steht“.

„Das Auto darf also bei allen Überlegungen nicht hintangestellt werden“, fordert Reß. „Und mit dem Ausbau der E-Mobilität gibt es ja hier auch gute und klimafreundliche Ansätze“.

In diesem Zusammenhang lobt er besonders das Engagement der Industrie bei der Transformation vom Verbrenner zum E-Auto: „In Köln wurden die Ford-Werke mit der größten je am Standort getätigten Investition zum E-Mobilitätzentrum ausgebaut und die Elektrifizierung der Flotte wird vehement vorangetrieben“.

Schockiert habe ihn allerdings die Meldung, dass in Nordrhein-Westfalen derzeit auf eine Ladestation 27 Autos kommen. „Wenn ich das höre, frage ich mich, wie wir unter diesen Bedingungen den Menschen in unserem Land die E-Mobilität nahebringen sollen“.

Deshalb hält Wolfgang Reß Investitionen in die Ladeinfrastruktur für dringend erforderlich. Seiner Meinung nach müssen sich hier die Politik aber auch die Energiewirtschaft stärker einbringen.

Lesen Sie dazu auch: 5 Fragen und 5 Antworten -> https://arbeitgeber-koeln.de/landtagswahl-2022/